Kletteranfänger und die Problemchen :( Bitte um eure Erfahrungen
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Felix Nikolaj
Beiträge: 2
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Beitrag vom: 31.07.2017 - 09:02
Hallo zusammen,
mein Name ist Felix, ich bin 27 und komme aus der Nähe von Heidelberg.
Mich hat das Kletter- bzw. Bouldervirus gepackt und ich hab einen riesen Spaß daran.
Ein bisschen was zu meinem (unserem) Background:
Angefangen hat alles Ende April als ich mit meiner Frau zusammen beim DAV Heidelberg eine Kletter-Schnupperkurs gemacht habe. Glücklicherweise haben wir schon dort gelernt uns mit dem Achter einzubinden und zu sichern. Nach diesen 3h stand für uns fest, dass wir auf jeden Fall den Grundkurs (Toprope) machen wollen. Weil es beim DAV zu lange gedauert hätte (Ungeduld lässt grüßen ) haben wir einen 2-tägigen Grundkurs beim Kletterzentrum Extrem in Mannheim absolviert.
Bis gestern haben wir es leider nicht mehr geschafft in die Halle zu kommen, sodass gestern das dritte mal in meinem Leben Klettern war.
Nun das "Problem":
In der Zwischenzeit war ich seit dem Grundkurs Klettern 6 mal bouldern, habe ca. 100.000.000 Videos zu Technik (Tritttechnik, Grifftechnik, Eindrehen, ...) auf Youtube geschaut und z.B. das "Grundkurs Bouldern" Buch gelesen. Ich würde behaupten, dass ich beim Bouldern eigentlich schon relativ fit bin, und die Technik wie bspw. eindrehen echt gut klappt, da sonst einige Boulder gar nicht machbar wären (zumindest für mich).
Bei uns in der Halle bouldere ich den 3. von 5 Schwierigkeitsgraden mit zum Teil extrem kleinen Tritten, relativ schmalen Leisten zum festhalten (ohne die Finger aufzustellen!), im Überhang und im Dach.
Bisher war ich für 6 mal bouldern eigentlich sehr zufrieden mit meiner Leistung... Vor allem hat mich gefreut, dass ich selbst festgestellt habe, dass ich, subjektiv empfunden, ganz gut darin bin, die Boulder vor dem ersten Versuch zu "lesen" und ich mir meine Tritt-, Griff- und Eindrehfolgen gut einprägen kann...
... und dann kam gestern mal wieder das Klettern
Wirklich gut warmgemacht ca 20 Minuten, Fingerchen bisschen vorgedehnt und dann ab an ne 3er Route.
Kein Problem also direkt zum Warmup 2 mal hoch.
Weiter auf die 4er Route, auch kein Problem.
Weiter auf die 5er Route ...
Und meine Gedanken nur noch "WAS zur Hölle ist hier los?!". Die ersten 3-4 Züge waren noch super, aber dann hab ich gefühlt alles falsch gemacht, was man falsch machen kann.
Ich bin zwar diese 5er und noch 2 andere 5er hochgekommen, aber es war vom Gefühl her einfach sch****, sorry.
Klettern am langen Arm...pff...Eindrehen...pff
Voll aus den Armen geklettern... Den Körper aufs Maximum gestreckt um irgendwie an den nächsten blöden Griff zu kommen...
Alles was ich beim Bouldern bei mir subjektiv als "gut gemacht" erachtet habe, war beim Klettern komplett weg, sehr deprimierend... dann bin ich bei einer 6- auf halber Strecke auch noch aus der Wand gefallen...
Mein Problem ist momentan eigentlich, dass ich von mir selbst total enttäuscht bin, weil ich das Gefühl habe, beim Bouldern klappts gut bis sehr gut und ich mache tolle Fortschritte, beim Klettern versage ich einfach und kann NICHTS von dem umsetzen, was ich eigentlich schon im Kopf habe (und beim Bouldern erfolgreich tue).
Ich habe mir jetzt für das nächste mal fest vorgenommen, nur noch 3er und 4er zu klettern und hier zu versuchen einfach sehr sauber und effizient zu klettern, ob das der richtige Weg ist, werde ich dann sehen.
Kennt jemand das Problem? Wie seid ihr damit umgegangen? Was hat euch geholfen "besser zu klettern"?
Danke für eure Meinungen und eure Hilfestellungen :)
Gruß
Felix |
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Kalle Demetz
Beiträge: 3324
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Beitrag vom: 31.07.2017 - 09:37
Hallo Felix,
es freut mich, wenn Dir klettern so viel Spaß macht und Du so motiviert bist
Klettern und Bouldern sind zwei unterschiedliche Sportarten
Bouldern bedeutet kurze Routen, man kann die Züge direkt am Boden immer wieder probieren und so gut Technik lernen, Züge sind meist maximaler und man verletzt sich leichter.
Klettern ist komplexer, da neben der reinen Bewegung auch Faktoren wie Höhe (Psyche) und Seilführung dazu kommen. Weiter sind Touren schlechter einsehbar und man kann Einzelstellen nicht so einfach einstudieren.
Was bedeutet das? Es ist ganz normal, dass Du Deine beim Bouldern erlernte Technik nicht sofort aufs Klettern umsetzen kannst. Ich denke, Du bist mit Deiner Einstellung auf dem richtigen Weg. Möglichst viel und sauber klettern. Lieber mit leichteren Routen anfangen und wenns da gut klappt langsam steigern. So wirst Du bessere Fortschritte machen, als wenn Du zu schnell in schwere Touren einsteigst und diese schlampig kletterst (also Dir eine schlechte Technik angewöhnst). Und lass Dir ruhig auch mal von einem erfahrenen Kletterer in Deiner Halle Tipps geben.
Zu den Kletterrouten. Leichte Touren zu schrauben ist aufwendig, anstrengend und lästig. Aber sie müssen halt auch geschraubt werden. Daher werden diese meist von unerfahreneren Schraubern in die Wand geklatscht. Schöne Bewegungen kann man nicht reinbauen, weil sie dann für Einsteiger oft schon wieder zu komplex werden. Es muss also nicht unbedingt an Dir liegen, wenn sich eine Route nicht schön klettern lässt.
Aber eins solltest Du Dir auf jeden Fall angewöhnen: Möglichst alle Griffe verwenden, auch wenn Du sie an der jeweiligen Stelle nicht brauchst. Der Schrauber denkt "rechte Hand, linke Hande, ..." - was passiert, wenn Du jetzt einen Griff auslässt oder einen falschen nimmst? Daher angewöhnen, die Touren von unten anzuschaun, gleich die Griffe und Tritte merken und dann auch so klettern. Kannst Du die Routen von unten nicht gut einsehen bzw. Dir die Züge nicht merken, dann in Etappen klettern. 5m anschaun, dann sauber klettern, Ruheposition suchen und die nächsten 5m anschaun. Anfänger machen meist den Fehler, dass sie einfach drauf los klettern und dann erst gar nicht richtig in die Tour rein kommen. Man sieht sogar Kletterer, die komplette Touren in einer falschen Griffreihenfolge (lauter Kreuzzüge) klettern und nicht auf die Idee kommen, die Reihenfolge zu ändern... Beim Bouldern hat man meist nur 5-6 Züge, also dieses Problem seltener und lernt also auch kein vorausschauendes klettern.
Viele Grüße
Kalle |
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Felix Nikolaj
Beiträge: 2
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Beitrag vom: 31.07.2017 - 10:24
Hallo Kalle,
vielen Dank für deine Einschätzung und die Erklärungen.
Ich glaube das du im Grunde genau mein Problem "getroffen" hast. Ich will zu schnell zu viel im Klettern.
Daher werde ich wie schon gesagt auf einfacheren Routen (3-4) zurückgehen und da üben, üben, üben...
Eindrehen, dynamisch klettern, Ruhepositionen suchen, weich Greifen, Füße exakt und leise setzen, evtl auch mal mit der "stop and go" Methode probieren (weiß nicht ob die so heißt, gemeint ist, die Greifhand immer 3 Sekunden vor dem Griff zu halten, bevor man tatsächlich greift).
Wer noch mehr Anregungen hat, bitte als her damit
Gruß
Felix |
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Kalle Demetz
Beiträge: 3324
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Beitrag vom: 31.07.2017 - 10:53
Vergiss das Anschaun der Routen nicht - ist einfach umzusetzen, bringt total viel, macht JEDER gute Kletterer aber kaum ein Einsteiger |
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Michi Müller
Beiträge: 201
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Beitrag vom: 31.07.2017 - 18:26
Hallo Felix,
gerade am Anfang kann man nicht viel genug üben. Dann wirst Du beim Seilklettern schnell Fortschritte machen. Auch wenn man länger klettert gibt es immer wieder "Durststrecken", in denen man das Gefühl hat, man stellt sich an wie ein Anfänger. Aber diese Zeiten gehen vorbei... |
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