Tuberverbot nach schwerem Unfall im Kletterzentrum Kassel
Kletterforum ->
Sicherungstechnik
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Andi Müller
Beiträge: 26
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Beitrag vom: 16.04.2015 - 10:43
ich finde es falsch, unfälle auf ein bestimmtes gerät zurückzuführen.
letztenendes ist die ursache IMMER beim benutzer zu finden.
ich habe noch von keinem unfall gehört, bei dem ein defekter tuber oder achter schuld war. schuld ist immer der mensch.
die kursdurchführung ist auch nicht ausschlaggebend. ich habe noch von keinem autounfall gehört, bei dem der fahrlehrer kritisiert wurde.
die leute müssen immer selber entscheiden, wie sicher sie sich beim sichern fühlen. Selbsteinschätzungund eigenverantwortung sind gefragt.
nichts für ungut kalle |
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Kalle Demetz
Beiträge: 3324
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Beitrag vom: 16.04.2015 - 11:48
ich habe kein problem mit anderen meinungen, dafür diskutieren wir ja.
das problem beim klettern ist einfach, dass es immer den ANDEREN erwischt, wenn einer beim sichern einen fehler macht.
und das problem bei den tubern ist, dass sie fehler fördern bzw. kleinste fehler hart bestrafen. das ist bei anderen geräten definitiv nicht so. |
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Andi Müller
Beiträge: 26
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Beitrag vom: 16.04.2015 - 22:03
@Tina: da gibt es halt leider nicht allzuviel zu vergleichen. jeder unfall passiert unter anderen umständen und meistens hat einer nicht aufgepasst. und nicht aufgepasst hat bei dem sport schlimme folgen
wenn man eine statistik erheben würde, bei der die gefahr von alten sportsocken in verbindung mit verstauchten knöcheln (z.b. beim joggen) erhoben werden soll, dann wären glaube ich einige altesportsockenträger erstaunt, wie gefährlich diese dinger tatsächlich sind.
die Ursache ist einfach meist eine andere
ich weiß, das Beispiel hinkt ein wenig. fands irgendwie lustig...
natürlich ist schon klar, dass z.b. eine frau mit 50kg nicht mich (90kg) mit einem bremsschwachen gerät sichern sollte, aber das liegt ja genau im verantwortungsbereich der leute. |
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Kalle Demetz
Beiträge: 3324
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Beitrag vom: 17.04.2015 - 02:37
Zitat: bremsschwachen gerät
Zitat: meistens hat einer nicht aufgepasst Langsam kommen wir der Sache näher. Unfälle sind fast immer eine Verkettung von negativen Umständen.
Kannst Du von Dir behaupten, beim Sichern IMMER zu 100% aufmerksam zu sein? Musstest Du noch nie eine Schlaufe aus dem Seil machen? Hat zu Dir noch nie jemand "hallo" (oder mehr) gesagt, während Du beim Sichern warst? Hast Du während des Sicherns noch nie kurz wo anders hingeschaut? etc.
Wahrscheinlich hattest Du nur Glück, dass zu diesem Zeitpunkt noch niemand gestürzt ist.
Genau hier zeigen Hallbautomaten und Autotuber ihre Stärken.
Ich habe mit einen Freund ein Jahr lang über dieses Thema diskutiert. Er meinte, er habe noch nie ein Problem gehabt, bis dann ein Kletterer beim Klippen stürzte... Er hatte noch Glück und konnte den Kletterer mit Verbrennungen am ganzen Arm kurz vor dem Boden fangen. Am nächsten Tag hatte er ein GriGri...
Oder ein Erlebnis anders herum: Die Kletterin hatte einen Stein losgetreten, der den Sicherer an der Bremshand traf. Dank GriGri* war die Kletterin durchgehend safe.
Oder gesehen in der Kletterhalle in Würzburg. Ein etwas schwerer Kletterer stürzt und der Sicherer wird nach vorne gerissen und stützt sich mit den Händen an der Wand ab. GriGri*
Sturztraining bei einem meiner fortgeschrittenen Kletterkurse. Die Teilnehmer wollten mit Tuber sichern. Beim Sturz wurde der Sicherer leicht nach vorne gezogen und hatte einen Winkel von rund 150 Grad im Seilverlauf (also die Hand deutlich unter dem Tuber). Die Reduzierung der Bremswirkung hatte gereicht, dass er den Sturz nicht mehr halten konnte. Beim Sturztraining kein Problem, da mit Hintersicherung gesichert wurde, aber im regulären Kletterbetrieb... Diese zwei Teilnehmer hatten ab diesem Zeitpunkt nie wieder mit Tuber gesichert.
Ich kann aus meinem persönlichen Umfeld (inkl. Kletterhallen) rund 20 solche Fälle aus den letzten 10 Jahren aufzählen. Die meisten davon endeten mit schwersten Verletzungen (genau die, bei denen mit Tuber gesichert wurde). |
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Andi Müller
Beiträge: 26
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Beitrag vom: 17.04.2015 - 07:23
Und man denke mal über die "Lautstärke" in Plastikbunkern und an stark frequentierte "Mode"felsen nach..., ganz genau Kalle, man wird abgelenkt auf allen Ebenen als Sicherer, will nicht im Weg stehen, will das Seil ausm Weg räumen für die Nachbartour, muss sich anhören, was man so nach dem klettern macht, welche Pizzeria man ansteuert (nicht zuletzt diskutiert da der Vorsteiger munter mit), muss Fragen beantworten wie "steigst Du noch nach, oder baut Ihr ab?...und lass Dir Zeit im Nachstieg..., wir haben auch Zeit....(schon eingebunden 1m nebendran mit nervösem Blick nach oben, ob jetzt endlich die Umlenkung erreicht ist...)
Da traut man sich doch kaum noch als Vorsteiger (so mach ich das in fast jeder Tour), seinen Sicherer zuzurufen, "bist Du bei mir"...oder "bin ich safe")...
Die Wahl des Sicherungsgerätes und dessen FACHGERECHTE BEDIENUNG sehe ich in der Unfallursachen Analyse erst an 4ter/5ter Stelle, kurz vor "shit Happens" bzw. "Lebensrestrisiko" wie beim Kaffekochen oder Toilettengang oder
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Anna Witt
Beiträge: 985
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Beitrag vom: 17.04.2015 - 07:25
Die Kunst ist es doch, auch in einem Moment, in dem man nicht hundertprozentig aufmerksam ist, automatisch richtig zu reagieren oder als Minimalanforderung das Seil fest zu halten. Das musst du beim Autofahren doch auch. Und wie soll ein Halbautomat mangelnde Aufmerksamkeit ersetzen? In den Fällen, in denen du das Bremsseil komplett los lässt, hilft dir ein Bremskraftverstärker wohl auch nicht (Bsp Stein und Wand). Die Geräte sind doch angeblich auch davon abhängig, dass man das Bremshandprinzip nicht verletzt.
Und das Seil los zu lassen, weil man zur Wand gezogen wird, ist ziemlich daneben.
Und warum ist ein Halbautomat von Vorteil, wenn jemand beim Klippen fällt?
Aber egal, die Halbautomaten haben auch ihre Risiken und sind viel anfälliger für Fehlbedienungen, da komplizierter. Und auch ohne Fehlbedienung kommt es teilweise dazu, dass die Dinger nicht blockieren und verbrannte Hände das Resultat sind.
(Das Bsp. von Tim mit den Socken finde ich gut.)
Aber wie schon gesagt, soll doch jeder sichern, wie er will. |
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Kalle Demetz
Beiträge: 3324
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Beitrag vom: 17.04.2015 - 08:56
anna, ich denke, wir sind da gar nicht so weit auseinander du sprichst von kunst. und bei dir weiß ich, dass du die kunst beherrscht. nur werden tuber anfängern als so sicher vorgegaukelt und man lernt den umgang ja so schnell. die eigentlichen vorteile (dynamisches sichern) nutzt von denen ja keiner. und springen traut sich auch niemand und dann meint der anfänger (auch wenn er schon 2-3 jahre klettert), er hat ein super sicherungsgerät. dabei hatte er es nur noch nie benutzt...
klar kann ich auch halbautomaten falsch bedienen und viele machen das auch. aber mit denen passiert trotzdem häufig nichts. ein loslassen des bremsseils führt beim halbautomaten meist trotzdem nicht zu einem unfall (hab das selber mit verschiedenen geräten getestet). beim halbautomaten muss man aktiv den blockiermechnasismus außer kraft setzen. |
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Andi Müller
Beiträge: 26
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Beitrag vom: 17.04.2015 - 09:14
ich für meinen teil nutze je nach den umständen auch mal andere sicherungsgeräte.
in der halle beim Training benutze ich, seit mir jemand das vorstiegssichern mit grigri* wirklich mal sehr gut gezeigt hat, fast immer das grigri. teils aus Bequemlichkeit, teils aus den oben genannten gründen wie ablenkung, platzmachen etc.
das teil hat halt einfach seine vorteile.
wenn ich mich von jemanden sichern lasse, der leichter ist als ich, und das ist meistens der fall. lasse ich mich gerne mit halbautomaten sichern. lieber ein patscher an der wand, als... ihr wisst schon.
aber oft reicht es auch schon, den sicherungsmann/innen nocheinmal auf den gewichtsunterschied aufmerksam zu machen und ggf. mal einen geplanten probesprung zu machen, um die wirkenden kräfte zu verdeutlichen.
aber am fels mit schlechtem wandfuß kann man nicht einfach mit einem grigri* hochspringen wenn der vorseiger fällt.
da benutze ich dann einen tube oder den achter.
im Gebirge tube ich sowieso.
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Andi Müller
Beiträge: 26
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Beitrag vom: 17.04.2015 - 10:08
Ich erlaube mir dann mal zusammenzufassen :
Jedes Sicherungsgerät* und deren Bedienung hat Vor und Nachteile...
Jeder Sicherer und seine Konzentration unterliegen situativer Schwankungen...
Jedes Sicherungsgerät/Technik hat in zu kletterndem/abzusicherndem "Gelände" Vor und Nachteile, manchmal auch mehr Vor als Nachteile.
Jeder Sicherer hat gewisse "Vorlieben" für Sicherungsgeräte, techniken.
Die Medien/Werbung/Kommerzhype suggestieren einem Benutzer des jeweiligen Gerätes höchstmögliche Vorteile in Sicherheit, Bedienbarkeit und Souveränität, wobei die Erfahrung, Konzentriertheit und auch "Begabung" eines jeden EINZELNEN VORAUSGESETZT ist (was natürlich aus Vermarktungsgedanken "verschwiegen" wird).
Der Vorsteiger kann durch Selbsteinschätzung und Konzentration und KOMUNNIKATION viele Stürze im Vorfeld vermeiden.
Der Sicherer kann durch Selbsteinschätzung, gezielte Übungen, Konzentration und Kommunikation das verbliebene Verletzungs-Rest-Risiko nochmals minimieren.
Die Vereine, Hallenbetreiber und die Gesellschaft sollten deutlicher kommunzieren, dass Klettern KEINE Massen und Trendsportart ist, auch wenn es noch so chic, hyp und euronenlastig ist..
Der Kletteranfänger ( damit meine ich denjenigen, der bis 4+ Alpin Vorstieg, 5+ Vorstieg in der Pfalz, oder 6+ Vorstieg Franken, oder bis 7 im Plastik unterwegs ist) sollte sich in Demut und Bescheidenheit üben und sich seiner Verantwortung bewusst sein, die er trägt!
(Ein Kletterer der "schwerer" klettert, hat IN DER REGEL sich die Verantwortung verinnerlicht).
Alles andere ist Unglück, Pech, Restrisiko, oder menschliches, individuelles, situatives Komplettversagen.
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