Nähmaschinen und Panikattacken
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Plauderecke
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Bernhard Beim
Beiträge: 142
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Beitrag vom: 14.04.2015 - 20:41
Wollte mal in die Runde Fragen hattet ihr alle schon mal so ein paar Meter über einem Haaken in unschönem Sturzgelände eine Blockade mit richtig Fussflattern (Nämaschine) 😁 und was habt ihr dagegen gemacht. Nach dem Motto Run it out wenn in doubt oder abkgeklettert. ? Ruhig Atmen? Vg. Berni
PS. war letzt erst in der Situation bin dann abgeklettert aber ich glaub weiter hoch wäre besser gewesen.. Abklettern war dann auch recht psycho.. |
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Kalle Demetz
Beiträge: 3324
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Beitrag vom: 14.04.2015 - 20:46
Ui ja, das hatte ich früher oft....
Meist ging es mir in leichten Touren so, die schlecht abgesichert und brüchig waren. Ein unbequemes Sturzgelände hatten das Ganze noch gefördert.
Was ich dagegen mache - ich meide solche Touren. Heute schaue ich mit Touren genau an, bevor ich einsteige. Und was ich nicht mehr mache, dass ich anderen solche Touren einhänge. |
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Felix R.
Beiträge: 22
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Beitrag vom: 14.04.2015 - 21:12
Hatte beides schon öfter, bin aber immer weiter geklettert, vor abklettern hab ich eher mehr schiss^^. Bin einmal echt blöd gestürzt, bin heute noch froh nen erfahrenen und aufmerksamen Sicherer gehabt zu haben. |
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Tina Fraunholz
Beiträge: 238
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Beitrag vom: 15.04.2015 - 08:11
sehr sympathisch, dass du das auch richtig erkannt hast.
(Ich kenne Leute die behaupten, das die Nähmaschine nichts mit Angst zu tun hat)
Die Situation ist echt immer seltsam, wenn man gefühlt vom Kopf her eher keine Angst hat und der Körper einem deutlich was anderes zeigt....
Durchatmen und die Füße anders stellen, dann ist das Zittern erst mal weg ( kann aber auch wieder kommen)....
Da muss man durch, kann eh nichts ändern, und objektiv ist es oft gar nicht so gefährlich. ( Echt gefähriche Situationen bzw Routen sollte man natürlich meiden.)
Ich finde es gut, dass du dich überhaupt in dieser Situation noch weiter bewegen konntest, egal ob nach oben oder unten.
Bei der nächsten Nähmaschine, kannst du ja mal den anderen Weg testen. |
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Martin Grulich
Beiträge: 1067
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Beitrag vom: 15.04.2015 - 12:29
Ich persönlich habe die Fuß-Nähmaschine, die Arm-Nähmaschine und die Ganzkörper-Nähmaschine kennengelernt
Entweder wenn ich meine körperlichen Grenzen (so Richtung Wadl- oder Unterarmkrampf, auch im Nachstieg) oder meine psychischen Grenzen im Vorstieg erreicht hatte.
Bei der Wadl-Nähmaschine hilft ein Verändern der Fußposition wirklich sehr gut.
Wenn man sich in einer Klettersituation in einer schlecht abgesicherten Route unsicher fühlt, ist die Flucht nach vorne immer mit Vorsicht zu genießen. Lieber rechtzeitig umkehren (abklettern, abseilen, abspringen), denn sollte das Weiterklettern die falsche Entscheidung gewesen sein, hat man seine Situation nur verschlimmert.
Gerade gestern hat mir mein Kletterspezl von so einer falschen Entscheidung erzählt:
Untersberg, Südwand "Schwarzer Sheriff". Er hatte sich verhauen und sich dann entschieden, auf Verdacht weiter zu klettern, obwohl er 7 m neben sich einen Haken gesehen hatte, den er aber nicht erreichen konnte. Also ist er bis zum Seilende weitergeklettert. Hier gab´s aber keine Standplatzmöglichkeit. Dann ist er nach einem kurzen Abkletterversuch 35 m abgestürzt. Heliabtransport, Trümmerbruch eines Fußes mit anschließender Fußlähmung. Aber Neuner klettert er immer noch
Wünsche Euch allen hier immer die richtige Entscheidung!
Gruß Martin |
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Andi Müller
Beiträge: 26
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Beitrag vom: 15.04.2015 - 13:03
Ich hatte den "Nervenzusammenbruch" in nem Gebirgs-4er (12er Kante...) als junger Bursch beim free solo mit meinem damaligen Kletterpartner. Ich konnte nicht mehr weiter klettern, Nähmaschine überall, mein Kumpel war 50 Meter über mir, ich schrie um Hilfe..."Andi, gleich stürz ich ab...", war absolut ein scheiß Gefühl..., mein Kumpel ist daraufhin komplett "ausgerastet", beschimpfte mich permanent aufs Übelste, was "ich fürn Arsch sei", er "kein Bock drauf hatte, die Bergwacht zu rufen, die ganze Blutscheiße am Einstieg usw. Dabei ist er langsam abgeklettert und als er bei mir war, hat er gemeint wir klettern zum Einstieg ab und kletterte los...ich bin dann hinterher!
Danke Andi dafür, dass Du mich so genau kanntest/kennst und Du genau das Richtige für diese Situation getan und entschieden hast! |
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Martin Grulich
Beiträge: 1067
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Beitrag vom: 15.04.2015 - 19:20
Hallo Thomas,
wo Du da so eine schöne Geschichte erzählt hast, ist mir auch noch was Vergleichbares eingefallen:
Das war damals im "Hosenscheißer". Das ist ein gefrorener Wasserfall bei Saalbach-Hinterglemm. 250m hoch. Im Mittelteil war das Eis sehr morsch und dann ein Stand an einem Messerhaken
Mein Spezl kam dann fröhlich nachgestiegen, machte Witzchen und war guter Dinge. Ich hab ihn dann zusammengeschissen, dass er seine Eisgeräte nicht so ins Eis dreschen soll, sonst bricht noch der ganze Wasserfall zusammen! Außerdem hatte ich keinen Bock mehr, weiterzumachen. Da hat er mich ganz cool beruhigt und die Tour selber bis zum Schluss vorgestiegen. Dafür bin ich ihm auch ewig dankbar, weil mit einem anderen Seilpartner wäre ich da möglicherweise nicht mehr lebendig rausgekommen. Manchmal braucht man für eine Tour die richtigen Verhältnisse, die richtige Entscheidung, den richtigen Seilpartner und manchmal sogar alles zusammen.
Gruß Martin |
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Andi Müller
Beiträge: 26
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Beitrag vom: 15.04.2015 - 21:35
Dito.
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Tina Fraunholz
Beiträge: 238
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Beitrag vom: 16.04.2015 - 09:31
Ich erzähle jetzt mal was, was mich vielleicht um Kletterpartner bringt, wobei ich auch nicht sagen kann ob ich in einer WIRKLICH gefährlichen Situation und mit einem einzelnen Menschen genauso reagiert hätte:
Beim Wandern war ich mit einer zusammengewürfelten geführten Truppe unterwegs ( ingesamt 10 Tage ca. 10 Personen) wir waren auf dem Gipfel haben die Aussicht genossen und uns von den Strapazen erholt, da zieht urplötzlich ein Megagewitter auf und unser Bergführer hält uns an möglichst schnell abzusteigen, vor allem da der Weg erst noch auf einem Grat entlangführte....
(fand jeder logisch) Es war sehr neblig und ist fast dunkel geworden..... nach 20 Metern bleibt eine aus der Gruppe stehen und will sich aus Angst keinen Schritt mehr bewegen.
Alle bleiben stehen und reden auf sie ein. Ich war die erste die gesagt hat, ich warte nicht hier bis wir alle vom Blitz erschlagen werden, wenn vernünftige Worte nicht mehr helfen. Und bin weitergegangen, die anderen sind fast alle noch ein zwei Minuten geblieben. Bis der Bergführer alle restlichen weggeschickt hat. - Ich finde es ganz furchtbar, wenn Leute unlogisch und hysterisch, unvernünftig reagieren. Phobien verstehe ich auch nicht.
Allerdings kenne ich eben auch die Nähmaschine, und das mein Verstand die alleine nicht komplett ausschalten kann. Also eine Garantie, dass es nicht auch mal eine Situation gibt, in der bei mir der Verstand aussetz habe ich natürlich nicht.....
P.S.: diese Person hat übrigens einige Nächte später das ganze Zimmer vom Schlafen abgehalten, weil sie friert und ihr als einziges eine Decke fehlt, wir sind alle aufgestanden und haben nach einer Decke gesucht und KEINE gefunden- wieder im Bett hat sie wieder gejammert, bis ich ihr meine Decke gegeben habe - dann hab ich gefroren- am nächsten Morgen habe ich festgestellt, dass alle zwei decken hatten und diese Person AUCH mit meiner, sie hat nur gejammert weil sie NUR eine Decke hatte , ich hatte die ganze Nacht KEINE - klar die würde nie ne Seilpartnerin von mir..... |
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Andi Müller
Beiträge: 26
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Beitrag vom: 16.04.2015 - 10:41
Herrlich Tina, Deine Schilderung (ironiefrei!!!)...Es ist ein wunderbarer Erlebnisbericht über Menschen, Gefühle, Entscheidungen, Selbstzweifel, Abhängikeiten, Moral, Helfersyndrom, Egoismus, Zufälle, unbeeinflussbare Faktoren, Erziehung, Empathie und und und in den Bergen!
Da ich oldschool bin, danke ich Dir dafür, da Du mich bestätigst, dass zu viele Menschen, die an einem Ziel "arbeiten" im Gebirge wohlgemerkt nur sehr schwer zum "Erfolg" kommen, siehe der 8000er Kommerzhype. Das geht immer auf Kosten von Einigen, die zurück"stecken" für die Anderen, oder auf Kosten von Menschenleben...Der liebe Berg-Gott hat nicht ohne Grund dem SEIL NUR Z W E I Enden gegeben...
P.S. Ich wäre ab einem gewissen Moment auch weitergegangen, zumal der Bergführer noch reagieren konnte und er die Situation einschätzen und "lösen" musste. Wie ich mich in einer 2er Seilschaft verhalten hätte, weiß ich nicht...und die Decken-Nummer bestätigt mich in meiner Erkenntnis, wann immer es geht, draußen zu pennen...alleine...oder höchstens mit dem meist schnarchenden Seilpartner...
Sorry fürs Offtopic. |
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